Naturschutz

Wir Menschen werden unausgesetzt mit den Einflüssen der Natur auf uns aber auch mit dem recht Nachteiligen unseres Wirkens und Strebens auf die Natur konfrontiert. In allen Bereichen stehen wir immer wieder mit der Natur in Wechselbeziehung und es gibt viele Gründe, die Natur uns und unseren nachkommenden Generationen in der Vielfalt, wie wir sie übernommen haben, zu erhalten.

An die erste Stelle stellt man meist Wirtschaft, Beruf, Einkommen und alles,  was uns das Leben meistern hilft. Bedenken wir aber auch, dass die Natur alle un­sere Rohstoffe, alle unsere Nahrung liefert? Dass diese nicht unerschöpflich sind. In unserer hochtechnisierten Zeit vergessen wir nur allzu leicht, dass unsere Haus­tiere, Feldfrüchte, Zierpflanzen usw. aus der Natur stammen, dass auch wir noch ‑ vielleicht nur mehr in geringerem Maß als andere ‑ auf Produkte der freien Natur angewiesen sind, wie z.B. auf Heilmittel. 

Die Jagd – oft angefeindet – ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Neben dem historischen Ambiente unserer Städte und unseren Kunstwerken, ist die intakte Natur unserer Heimat einer der Stützpfeiler des Fremdenverkehrs. Denken wir aber auch einmal in all jenes, was uns nicht direkt nutzt: Wie wenig wird die Bedeutung der Vögel als Schädlingsbekämpfer beachtet.  Während der chinesischen Kulturrevolution ließ man Millionen Vögel töten, weil man meinte sie fräßen die Reisernte. Dann fraß sie die Insekten und man baute die Vogelpopulationen mühsam wieder auf. Für Indien hat man einmal errechnet, dass Schlangen den Nagern so zusetzen, dass der Ernteverlust in Gren­zen gehalten wird; immerhin fällt fast ein Viertel der indischen Getreideernte Nagern zum Opfer.

 Es ist an der Zeit, sich auch bei uns dieser Werte wieder zu erinnern. Wie arg beeinträchtigen wir z.B. unser Grundwasser mit Nitraten und anderen Che­mikalien verschiedenster Art in einer Weise, die dazu führt, dass es in manchen Gegenden an der Grenze der Gesundheitsschädlichkeit angelangt ist, ja sie sogar schon überschreitet. Wie viel lernte der Mensch aus der Natur? Was wäre die Wissenschaft ohne sie? Noch 1831 glaubte Charles Darwin, dass alles Leben einem einzigen Schöpfungsakt entspringt. Seine späteren Untersuchungen, bei denen er erkannte, dass alle Formen des Lebens Produkte einer Anpassung an Umweltbedingungen und Überlebensnotwendigkeiten sind und die in seiner Evolutionstheorie gipfelten, haben das Wissen des Menschen um seine eigene Herkunft und das Begreifen seiner ihn umgebenden Welt maßgeblich beeinflusst. Mendel entdeckte bei Pflanzenuntersuchungen die Gesetzmäßigkeit der Vererbung. Sie war bis vor kurzem von größter Bedeutung für die wissenschaftlich betriebene Entwicklung von speziellen Haustier‑ und Pflanzenarten.

Heute gibt es die Gen-Technik. Dass die Zeit der Entdeckungen aber noch lange nicht vorbei ist, zeigte sich, als Wissenschaftler vor einiger Zeit bei arktischen Fischen ein ‚Antige­frier‑Glycoprotein‘ entdeckten, welches diesen Tieren ermöglicht, bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zu überleben und erst kürzlich in amerikanischen Eidechsen eine Substanz, die vielleicht in absehbarer Zeit Diabetikern helfen kann.

 Immer wieder wird neues entdeckt. Wer weiß schon, was davon für menschliche Bedürfnisse nutzbar gemacht werden kann. Wir wissen nicht, welche Geheimnisse die Natur noch für uns bewahrt ‑ wir wissen auch nicht, welche Wer­te mit der Vernichtung der vielen Tier‑ und Pflanzen­arten – oft noch unentdeckt – für immer verloren gehen. Eine Eigenschaft sollte den Menschen vor allen Lebe­wesen auszeichnen: Ästethik ‑ Sinn für Schönheit. Schönheit bedeutet Freude. Bauwerke, Skulpturen und Bilder berühmter Meister erfreuen mit ihrer Aus­druckskraft das Auge. Aber auch die wilde Natur! Stadtmenschen strömen bei jeder Gelegenheit in die umliegende Landschaft, in Wälder, ins Gebirge, ans freie Wasser, um Freude und Kraft zu schöpfen, damit sie ihr alltägliches Leben leichter bewältigen. Den wenigsten Menschen ist dabei die Jahrmillionen dau­ernde Entwicklung einer schönen Landschaft, einer hübschen Blume, einer rassigen Tierart, bewusst. Da setzt der menschliche Maßstab aus.
Wir sehen es rings um uns: Zersiedlung der Landschaft, Verschmutzung, rücksichtslose Verkehrstrassenplanung, Rauch, giftige Chemikalien, bis hin zur Zerstörung der Regenwälder in den tropischen Ländern, zu der wir mit unserem Wunsch nach Edelholz gefertigtem Mobiliar ganz we­sentlich beitragen.  Das Interesse dafür setzt meist erst dann ein, wenn es um unmittelbar um die eigene Haut geht: wenn neue Straßen vor die Fenster gelegt werden, wenn der Nachbar die schöne Aussicht ver­baut, wenn ein neuer Betrieb lärmt. Da beginnt sich Umweltbewusstsein zu regen. 

Es muss aber auch festgestellt werden: auch großen Angelegenheiten stehen die heutigen Menschen nicht mehr interesselos gegenüber. Denken wir an die Proteste und Aktionen, die manch Unsinniges verhinderten:  die Verbauung der Krimmler Wasserfälle mit einem Kraftwerk, die Brücke über den Neusiedlersee, das Donaukraftwerk Hainburg, das Atomkraftwerk Zwentendorf, der Tunnel unter dem Semmering usw. Das alles ist Ausdruck des ästhetischen Sinns des Menschen.

Bleibt noch die Frage der Ethik ‑ die Frage danach, woher der Mensch, der sich selbst als ‚homo sapiens‘ ‑ ‚intelligenter Mensch‘ ‑ bezeichnet, das Recht nimmt zu zerstören, zu töten, auszurotten – in Zeiträumen, die gemessen am Bestand der Welt ein Nichts sind, Millionen Jahre dauernde Entwicklungen auszulöschen.

Spaß am Töten führten zur Ausrottung der amerikanischen Wandertaube und des  Riesenalks. Vieles ging durch Unverstand und Fahrlässigkeit zugrunde und auch heute noch tragen viele unserer Zeitgenossen ihren Anteil zu solcher Vernichtung bei – durch Entzug oder Einengung des Lebensraumes und der Wanderungsmöglichkeiten, Trockenlegungen bis hin zur Vernichtung der Regenwälder.

Mühsam werden heute, mit dem Einsatz bedeutender finanzieller Mittel, Arbeitsleistung und Logistik, Tiere in Habitate wieder eingebürgert, in denen sie aus Unverstand oder Profitgier ausgerottet wurden. Man schätzt, dass der Einfluss des Menschen und seiner Aktivitäten trotzdem zur allmählichen Ausrottung weiterer tausender Tier‑ und Pflanzenarten führen wird.

Wie schon erwähnt, ist unsere Welt das Produkt einer Million Jahre dauernden Ent­wicklung. Noch vor nicht allzu langer Zeit unterlag selbst der Mensch, der heute nahezu unbeschränk­te Macht über die Natur erlangt hat, ihren Kontrollgesetzen, den Krankheiten, Seuchen und Hungersnöten. Es ist an der Zeit, dass der ‚intelligente Mensch‘ nun auch zum verantwortungsbewussten Menschen wird und seine Fähigkeiten zur Erhaltung des noch Vorhandenen nutzt.  Naturschutz kann daher nicht nur Aufgabe einiger weniger sein. Es geht um den Lebensraum und die Lebensqualität aller. Wir leben in und mit der Natur, daher sollte jeder Einzelne mit­denken und sich mitverantwortlich fühlen. Wir helfen uns selbst, wenn wir unsere Natur schüt­zen und sorgen dafür, dass unsere Nachkommen auch noch eine lebens‑ und liebenswerte Hei­mat vorfinden, mit all ihrer Vielfalt und Schönheit.

Die Menschen im Alltäglichen, für das Kleine, Unscheinbare, scheinbar Unwesentliche am Rande unseres Weges zu aktivieren, sieht die Niederösterreichische Berg- und Naturwacht ihre vornehmste Aufgabe.